Trends

• Bekleidungs- und Schuhgeschäfte verzeichnen weiterhin Umsatzeinbußen von 21,2 % (real)
• Einzig die Segmente Kinderschuhe, Hausschuhe und Sneakers (besonders Athleisure-Konzepte) gehen als Gewinner aus der Krise
• Flächenschwund im Schuhhandel in AT: Seit Höhepunkt 2005 um ca. 20 % gesunken, davon 9,5 % während Corona-Krise
• Rückzug von 'CCC' aus AT-Markt und damit Schließung von 46 Filialen hat für Flächenrückgang von ca. 8 % gesorgt

Nachhaltigkeit

• Chinesischer Onlineshop 'Shein' erobert auch europäischen Markt mit einem 'Ultra-Fast-Fashion'-Modell - unzählige, schnell wechselnde Kollektionen und niedrige Preise werden angeboten
• Zunehmende Initiativen für Schuhreparatur

Rohstoff Leder

• Leder gilt als strapazierfähig und langlebig - grundsätzlich geeignet für nachhaltige, zirkuläre Schuhe und Mode
• Tiere werden teils jedoch nur für die Lederindustrie gezüchtet, während erhebliche Teile der Häute aus der Fleischproduktion auf dem Müll landen
• Kunstleder wird aus Erdöl gewonnen und ist nicht mit den Klimazielen vereinbar
• Veganes Leder aus Ananasblättern oder Kork erreicht ähnliche Optik, Haptik und Strapazierfähigkeit wie tierisches Leder und ist mit minimalem Ressourcenaufwand herzustellen

Branchendefinition: Die Branche umfasst die Unterklasse 47.72 der ÖNACE 2008 und damit den Einzelhandel mit Lederwaren, Taschnerwaren und Reiseaccessoires sowie Reitsportartikeln (z. B. Sättel, Zaumzeug)

Betriebstypen: Einzelhandelsbetriebe der Schuhbranche sowie Filialen von Schuhhandelsunternehmen

Im Jahr 2020 boten die 780 Unternehmen im Einzelhandel mit Schuhen und Lederwaren fast 8.200 Personen einen Arbeitsplatz, wovon rund 7.400 unselbstständig beschäftigt waren. Die durchschnittliche Unternehmensgröße lag damit bei etwa 10 Mitarbeiter*innen je Unternehmen. Die Betriebe erwirtschafteten insgesamt Umsatzerlöse in der Höhe von rd. € 0,95 Mrd.
 

Trends

Covid-19 Krise

• Während sich der Einzelhandel im Jahr 2021 mit einem realen Umsatzplus von 2,7 % im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 von der Corona-Pandemie erholt hat, verzeichneten Bekleidungs- und Schuhgeschäfte weiterhin Einbußen von 21,2 % (real). (Statistik Austria, 2022)
• Einzig die Segmente der Kinderschuhe, Sneakers und bequemen Hausschuhe gehen als Gewinner aus der Krise hervor, darunter besonders sog. Athleisure-Konzepte (Sportsware, die auch in der Freizeit getragen werden können) wie die von Snipes, JD Sports oder Foot Locker.

Nachhaltigkeit

• Die Vernichtung unverkaufter Ware ist im Schuhhandel selten.
• Der Firmengründer des österreichischen Labels Think!, das sich auf die Herstellung nachhaltiger Schuhe spezialisiert, spricht sich im Wandel zur Nachhaltigkeit für eine Reduktion der Produktionsmenge und ein glaubhaftes, allein für die Schuhbranche entwickeltes Nachhaltigkeitssiegel aus.
• Schweizer Unternehmen ON hat den weltweit ersten Abonnementservice für Sportschuhe gestartet. Für monatlich € 29,95 dürfen Kunden einen abgetragenen Schuh gegen einen neuen tauschen. ON recycelt den Schuh vollständig und bringt ihn wieder auf den Markt. (Shoez, 11/20)
• Es finden viele Versuche statt, die Nachhaltigkeit der Branche durch innovative Schuhdesigns zu erhöhen. Über Konzept-Designs gehen die Anstrengungen jedoch meist nicht hinaus. Große Auflagen und messbaren Impact hat bisher kein Design erreicht. Die meisten Vorstöße kommen hierbei von großen Modelabels wie NIKE oder ADIDAS, sowie namhaften Designer*innen, die die nötigen Ressourcen für die Entwicklung bereitstellen können.

Sonstige Trends

• Nachfrage nach funktionellen Schuhen (z. B Gore-tex,) hat sich in den vergangenen Jahren erhöht: Schutz­funktionen und Qualität, die zuvor dem Outdoor-Segment vorbehalten waren, werden inzwischen bei Fashion- & Lifestyle-Marken angeboten und von Konsumenten erwartet und gefordert.
• Komfortschuhe erfahren einen Aufschwung
• Holzschuhe erfreuen sich großer Beliebtheit und erobern den internationalen Markt. Davon profitieren auch kleine Betriebe, wie die Kärntner Schuhmanufaktur Woody.
• In der Kindermode sind zunehmend Ganzjahreskollektionen zu erwarten.
• Sneakers haben sich in den letzten Jahren zu Wertanlagen entwickelt.
  • Auf Plattformen wie stockx.com werden die Sportschuhe wie Wertpapiere gehandelt. Besonders Jugendliche nehmen diese Möglichkeit als Nebenverdienst wahr.
  • Der Wiederverkaufsmarkt für Sneakers boomt.

Mitbewerb

Brancheninterner Wettbewerb

• Der Schuhdiskonter Deichmann ist mit österreichweit rd. 180 Filialen weiterhin an der Spitze des heimischen Schuheinzelhandels, gefolgt von der Leder & Schuh AG und ANWR Garant.
• Flächenschwund: Seit dem Höhepunkt 2005 ist die Verkaufsfläche des österreichischen Schuhhandels um rd. 20 % gesunken. 9,5 % Rückgang erfolgten seit Anfang der Corona-Pandemie, Großteils im Zuge des Rückzugs von „CCC“ aus dem österreichischen Markt. Die polnische Handelskette betrieb zuvor 46 Filialen in AT. (Textilzeitung, 2022)
• Einkaufsverbände/Verbundgruppen unterstützen Händler*innen u. a. mit günstigeren Einkaufsbedingungen, Know-How und Bereitstellung von Infrastruktur.
  • ANWR Garant Austria ist die größte Einkaufs- und Marketing-Kooperation im österreichischen Schuhfachhandel.
  • Ringschuh: Der Schuhverbund hat über 140 Mitglieder. (www.ringschuh.at)
  • GMS-Verbund: In Österreich und Südtirol liegt die Zahl der dem GMS-Verbund angeschlossenen Fachhandelsgeschäfte bei ca. 140.
  • Online-Plattform Schuhe24 eröffnet teilnehmenden Händler*innen die Möglichkeit ihre Produkte auch online zu verkaufen und trägt dadurch zum Erhalt des stationären Schuheinzelhandels bei.

Branchenfremder Wettbewerb

• Versandhandel und Onlineshops (u.a. Zalando, Shein)
  • Der chinesische Onlineshop „Shein“ erobert mit seinem „Ultra-Fast-Fashion“-Geschäftsmodell die Kleiderschränke der Generation Z auch in Europa – durch PR-Kampagnen minderjähriger Influencer*innen auf Social Media und Preisen weit unterhalb der Fast-Fashion Konkurrenz.
• Sportartikelhandel
• Modehandel
• Lebensmitteldiskonter bzw. Tchibo/Eduscho verkaufen auch immer häufiger Schuhe.
• Zunehmende Initiativen, die (Online-)Schuhreparatur-Dienste anbieten und damit dem Nachhaltigkeitsgedanken (Ressourcenschonung, Verlängerung der Tragedauer) Rechnung tragen.

Erfolgsfaktoren

• Kooperationen: z. B. Deichmann und das Modeunternehmen Esprit haben eine Partnerschaft mit dem Ziel vereinbart, das Preis-Leistungsverhältnis für die Schuh-Kundschaft zu optimieren und durch die Zusammenarbeit schnell auf relevante Markttrends reagieren zu können.
• Händler, die ihre Multi-Channel-Strategie richtig umsetzen, liegen mit ihren Umsätzen deutlich über dem Markt als rein stationäre Mitbewerber*innen. Online- und stationärer Handel laufen am besten, wenn sich beide Strategien zu einer ergänzen.
• Klares Profil: Schuhhändler*innen, die sich mit einem klaren Profil von den Mitbewerber*innen abgrenzen und eine spezielle Beratung anbieten, punkten mit deutlich besseren Unternehmenskennzahlen.
• Investition in Nachhaltigkeit: Konsumierende fragen zunehmend nachhaltige Schuhe nach, in Zukunft sollen Umwelt- und Fairnessfaktoren entscheidendes Kaufargument werden.
• Verstärkte Integration von Dienstleistungen, Events und Gastronomie zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität und der Schaffung von Frequenzen

Lieferanten

• 2020 erfolgte 87,6% der weltweiten Schuhproduktion in Asien. Exportweltmeister China war in diesem Jahr für knapp zwei Drittel aller Schuhexporte verantwortlich. (World Footwear Yearbook 2021)
  • Aufgrund der Corona-Pandemie ist jedoch die weltweite Schuhproduktion 2020 um rd. 15,8 % im Vergleich zum Vorjahr gesunken. (World Footwear Yearbook 2021)
• Viele der für die Schuhproduktion notwendigen Materialien stammen aus China – durch die Pandemie kam es anfangs zu Produktionsausfällen und zur Unterbrechung der Lieferkette. Mittlerweile läuft die Schuh- und Lederproduktion in China wieder und die Lieferkette hat sich erholt. Die lederverarbeitende Industrie hat zu Jahresende 2020 wieder 90 % ihrer Produktionskapazität erreicht.
• Die Corona-Krise hat die Suche nach alternativen Produktionsstätten, v. a. in Indien oder in der Türkei, neuerlich angeregt.
• Rohstoffe – Leder und Nachhaltigkeit:
  • Leder gilt als langlebiges Material und damit grundsätzlich für nachhaltige, zirkuläre Mode geeignet
  • Jedoch steht tierisches Leder wegen Tierquälerei in der Kritik. Während Tiere wie Krokodile, Echsen und Schlangen teils nur für die Lederindustrie gezüchtet werden, landen erhebliche Teile der Häute aus der Fleischindustrie auf dem Müll.
  • Kunstleder wird aus Erdöl gewonnen und ist damit nicht mit den Klimazielen vereinbar
  • Die PR-Strategie des diesjährigen Real Leather Student Design Wettbewerbs (RLSD ´22) setzt auf die Förderung von langlebigen Modeartikeln hoher Qualität aus Leder. Ziel ist es, junge Designer*innen für die Vorteile der Nutzung des Materials zu sensibilisieren. Auf vegane Alternativen zu tierischem Leder wird nicht eingegangen.
  • Veganes Leder kann aus Ananasblättern, Kakteen, Kork oder Pilzen hergestellt werden und erreicht ähnliche Optik, Haptik und Strapazierfähigkeit wie tierisches Leder. Die Herstellung gilt als sehr ressourcenschonend. Ananasleder wird aus den Abfällen der Ananasproduktion erzeugt und braucht keine zusätzliche Anbaufläche oder Kultivierung. Kork stammt aus Baumrinde. Für die Gewinnung muss der Baum nicht gefällt werden und die Rinde wächst schnell nach.
• Merinowolle boomt: immer mehr Schuhmarke folgen dem Trend und integrieren das Material in die Schuhproduktion. Der Rohstoff steht allerdings aufgrund von nachgewiesener Tierquälerei bei Tierschützer*innen in heftiger Kritik.

• Derzeit gibt es noch einen hohen manuellen Arbeitsanteil bei der Schaftfertigung, mittels Nähroboter und vollautomatischen Produktionsanlagen sollen künftig aber die Produktivität und Prozesssicherheit erhöht werden.
• Auch mit der Herstellung von Schuh-Prototypen im 3D-Druckverfahren wird bereits experimentiert. CRP Technology hat dafür den kohlefaserverstärkten Verbundwerkstoff „Windform SP“ verwendet und daraus einen Laufschuh hergestellt.
• Nachhaltigkeit/Recycling
  • Schuhe aus Recyclingmaterialien, z. B. aus recycelten PET-Flaschen:
    • Monomaterialien erleichtern das Recycling von Schuhen erheblich.
    • Der neu präsentierte „Futurecraft.Loop“ von Adidas besteht nur aus einem Material, 100 % recyceltes Polyester, und kann somit komplett wiederverwertet werden.
    • Von Designer Heron Preston kommt der komplett aus einem Material 3D-gedruckte „Heron01“ auf den Markt, der ebenfalls 100 % recycelbar ist. Da der Schuh nach nur einem Druckvorgang fertig ist, eliminiert Preston damit beinahe die ganze Lieferkette.
    • Da Schuhe aus einem Monomaterial vermeintlich die Qualität und Haltbarkeit des Schuhs negativ beeinflussen, verfolgt Designer Maxwell Ashford den Ansatz eines von Robotik produzierten und am Ende des Lebenszyklus recycelten Schuhs. Die Technik hilft hier besonders bei der präzisen Registrierung der verwendeten Materialien, was eine ebenso präzise Zerlegung des Schuhs fürs Recycling ermöglicht.
    • US-amerikanische Damenschuhmarke Oesh Shoes hat ein 3D-Druckverfahren entwickelt, mit dem Schuhsohlen aus thermo-plastischen Polyurethan-Materialien (TPU) zu 100% zu neuen Schuhsohlen recycelt werden können.
    • Entwicklung biologisch abbaubarer Schuhe bzw. Schuhteile
• Smart Shoes: Sensoren im Schuhwerk sollen Daten/Informationen in Echtzeit liefern, die einer Verbesserung der sozialen und medizinischen Betreuung dienen können (z. B. Fehlhaltungen identifizieren, Stürze erkennen oder durch Schweißanalyse Hinweise auf bestimmte Krankheiten finden).
• Komfortschuhe, teilweise mit neuen Technologien: z. B., ein neu entwickeltes Fußbett aus Hightech-Elastomeren gepaart mit wabenförmigen Luftkammern, das den Fuß sanft einbetten soll.
• Weinviertler Unternehmen Tec-Innovation entwickelt eine intelligente Hinderniserkennung, die an der Schuhspitze getragen wird. Die Technologie „InnoMake“ sendet und empfängt während dem Gehen Ultraschallsignale und warnt sehbeeinträchtigte Menschen vor Hindernissen.
• App, mit der Konsumentinnen und Konsumenten zuhause ihre Füße scannen und damit ihre Schuhgröße selbst bestimmen können, wodurch automatisch der passendste Schuh bei der Online-Bestellung gefunden wird. Dies soll die hohe Retourenquote – die derzeit einen „Renditekiller“ darstellt – drücken.