Ukraine-Krieg

• Teure Energiepreise und lange Lieferzeiten sorgen für neue Lieferprobleme für die Autozulieferer
• Lieferengpässe bei der Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten und der elektronischen Autoausrüstung (z.B. Chips, Halbleiter)
• Rohstoffmangel von Nickel schwächt die Produktion der Elektromobilität

Trends

• Werkstattauslastungen unterliegen extremen Schwankungen
• Reparaturen werden immer komplexer
• Mehr Wartungsarbeiten und weniger Verschleißreparaturen wurden nachgefragt
• Wartungen und Instandsetzungen von Klimaanlagen als lukratives Zusatzgeschäft

Digitalisierung

• Zunehmende Vernetzung der Softwaresysteme, Werkstattausrüstung und Fahrzeugdaten
• Mittels Software arbeiten Kfz-Mechatroniker*innen via Datenbrille oder Tablet an komplexen Reparaturen
• Etablierung von 3D-Druck Verfahren

Elektromobilität

• Elektromobilität wird staatlich gefördert, was mittelfristig bis 2030 zur Schaffung neuer Arbeitsplätze führen kann
• Steigende Elektromobilität führt zu sinkendem Umsatz im Aftersales-Bereich
• Mitarbeiter*innenschulungen und der Ausbau der Arbeitsschutzkleidung als Erfolgsfaktoren im Zuge des E-Mobilitätszuwachs

Branchendefinition: Diese Branche umfasst die Gruppe 45.2 der ÖNACE 2008 (Instandhaltung und Reparatur von Kraftwagen) und damit

• Spritzen und Lackieren
• Waschen und Polieren
• Reifendienst außer Runderneuerung
• Einbau von Teilen und Zubehör, nicht als Teil des Herstellungsprozesses

Betriebstypen: In dieser Branche können freie Werkstätten und Vertragswerkstätten unterschieden werden.

Im Jahr 2020 boten die 5.980 Kfz-Werkstätten mehr als 30.100 Personen einen Arbeitsplatz, wovon rund 23.900 unselbstständig beschäftigt waren. Die durchschnittliche Unternehmensgröße lag damit bei etwa 5 Mitarbeiter*innen je Unternehmen. Die Betriebe erwirtschafteten insgesamt Umsatzerlöse in der Höhe von rd. € 4,68 Mrd.
 

Trends

Ukraine-Krieg

• Der Ukraine-Krieg geht mit teuren Energiepreisen und neuen Lieferproblemen für die Autozulieferung einher.
• Es kommt zu Rohstoffknappheit von z.B. Palladium und Nickel, wo Russland einer der Hauptlieferanten darstellt. Vor allem kommt es zu Lieferengpässen bei der Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten und der elektronischen Autoausrüstung (z.B. Chips, Halbleiter).
• Der Mangel an Rohstoffen verursacht einen Preisanstieg.

COVID-19-Pandemie

• Kfz-Nutzungsverhalten hat sich unterschiedlich entwickelt:
  • Kräftiger Rückgang bei Firmen-Pkws: Außendienstmitarbeiter*innen und Manager*innen arbeiten oft im Homeoffice.
  • Arbeitskräfte, die am Arbeitsplatz präsent sein müssen, haben häufig öffentliche Verkehrsmittel gemieden und sind mehr mit dem Auto gefahren. Dabei handelt es sich vorwiegend um ältere Fahrzeuge.
• Werkstattauslastung unterliegt dadurch extremen Schwankungen, die sich wöchentlich ändert. Infolgedessen fehlt eine kontinuierliche Auslastung, was die Planbarkeit erschwert.

Sonstige Trends

• Die Digitalisierung und die wachsende Zahl der Elektroautos wirken sich negativ auf das Geschäft der Autowerkstätten aus:
  • Die Wartungskosten von Batterieautos sind etwa nur halb so hoch wie jene von Benzin- und Dieselautos.
  • Darüber hinaus kann die Unfallquote und damit der Reparaturbedarf durch die wachsende Verbreitung von Fahrerassistenzsystemen wesentlich reduziert werden.
• Zwar dürfte es zukünftig weniger Reparaturen geben, diese werden allerdings immer komplexer: Zukünftig finden sich an vielen Komponenten wie der Windschutzscheibe, den Seitenspiegeln aber auch an der Karosserie empfindliche Elektronik wie Sensoren und Kameras. Bei einem Schaden müssen diese nicht nur ausgetauscht, sondern auch neu eingestellt werden, wodurch die Reparaturen aufwendiger und damit teurer werden.
  • Werkstätten müssen sich zukünftig vermehrt auf kleinere, dafür technisch anspruchsvollere Reparaturen einstellen.
• Softwareupdates können zukünftig „on demand“ und „over the air“ freigeschaltet werden, sodass immer weniger Autos (dafür) tatsächlich physisch in die Werkstatt müssen.
• Pkw-Neuzulassungen (Neuzulassungen 2022, Statistik Austria)
• Im Jahr 2021 wurden insgesamt 239.803 Pkw neu zum Verkehr zugelassen (2020: 248.740). Es wurde somit der geringste Wert seit dem Jahr 1984 erreicht. Die Zulassungszahlen liegen über 70.000 Stück unter dem Neuzulassungs-Durchschnitt der letzten 20 Jahre von 310.611 Pkw.
  • Insgesamt sind deutlich weniger Benzin- und Diesel-Pkw neu zugelassen worden: Die Neuzulassungen benzinbetriebener Pkw (Anteil: 38,1 %) gingen um 15,1 % zurück, jene von Diesel-Pkw (Anteil: 24,3 %) nahmen um 35,9 % ab.
  • Bei den alternativ betriebenen Pkw (90.062) kam es zu einer relativen Veränderung gegenüber 2020 um 79,9 % (2020: 50.060, Anteil 20,1 %). Dabei haben Benzin-Hybrid-Pkw (43.051) einen Anteil von 18,0 %, rein elektrisch angetriebene Pkw (Battery Electric Vehicle (BEV); 33.366) 13,9 % und Diesel-Hybrid-Pkw (13.545) anteilig 5,6 %.
  • Es sind nach wie vor vorwiegend juristische Personen, Firmen und Gebietskörperschaften, welche Elektro-Pkws neu zulassen.
• Kfz-Gebrauchtzulassungen (Zulassungen von gebrauchten Kfz 2021, Statistik Austria)
  • Im Jahr 2021 wurden 1.096.177 gebrauchte Kfz zum Verkehr zugelassen, das entspricht 4,5 % mehr als noch 2020. Pkw-Gebrauchtzulassungen nahmen mit 871.065 Zulassungen um 3,6 % zu.
    • Die Gebrauchtzulassungen von Benzin-Pkw (inkl. Flex-Fuel, Anteil: 37,0 %, 322.032 Stück) und Diesel-Pkw (Anteil: 58,1 %, 505.668 Stück) verzeichneten einen geringfügigen Anstieg um 0,8 % bzw. 1,0 %. Gebrauchtzulassungen von Elektro-Pkw wuchsen beträchtlich (+106,6 %).
• Die steigende Elektromobilität führt zu sinkendem Umsatz im Aftersales Bereich
  • Bei konventionell angetriebenen Autos im Durchschnitt im Jahr € 790, bei einem E-Auto € 540 (https://www.berylls.com/wp-content/uploads/2019/01/20192301_Studie_Aftersale_DE.pdf).
  • Zusammen mit der steigenden shared mobility könnte dies zu einem beachtlichen Einbruch des Aftersales Markt führen.
• Die Klimaanlage als Standard-Ausstattung eröffnet Kfz-Werkstätten ein lukratives – und langfristiges – Zusatzgeschäftsfeld. Klimaanlagen zählen heute zur Grundausstattung der meisten Neu- und Gebrauchtwagen. Grundlegend ist deren laufende Wartung und Instandsetzung, was für qualifizierte Kfz-Werkstätten mit geschulten Mitarbeiter*innen und entsprechender Werkstattausrüstung ein dauerhaftes Zusatzgeschäft darstellt (Auto & Wirtschaft 05/2022).

Verhalten der Kundinnen und Kunden

• Werkstatttreue und Zufriedenheit: rd. 80 % aller Pkw-Halter*innen lassen Wartungs- und Reparaturarbeiten immer in derselben Werkstatt durchführen (DAT Report 2021). Die häufigsten Gründe für die Werkstattwahl sind Zufriedenheit / Vertrauen, Qualität der Arbeit und die schnelle Durchführbarkeit und Terminverfügbarkeit. Räumliche Nähe bzw. der Preis werden deutlich weniger als Argument angeführt.
• Die Mehrheit der Autobesitzer*innen vereinbart Servicetermine immer noch telefonisch.
• Eine Befragung deutscher Autobesitzer*innen zeigt, dass rd. ein Drittel der Kunden sich eine Verfolgung des Reparaturstatus via App wünscht.
• Die monatlichen Autohaltungskosten für Klein- und Mittelklassewägen liegen in Österreich mit durchschnittlich € 560 unter dem EU-Schnitt von € 600 und beinhalten 9 % Reparatur- und Wartungskosten (ATG 10/2019).
• Nutzung des Internets vor einem Werkstattbesuch zur Vorab-Recherche.
• Es wurden im Jahr 2021 weniger Verschleißreparaturen, dafür mehr Wartungsarbeiten beauftragt. Jedoch waren auch im Generellen die Wartungsarbeiten rückläufig.
• Die Pflegeaktivitäten und emotionale Bindung an das eigene Auto sind laut dem DAT-Report 2022 hoch, was sich im Umgang mit dem eigenen Pkw, dessen Pflege und die damit verbundene Werterhaltung widerspiegelt.

Mitbewerb

Brancheninterne Konkurrenzsituation

• Vertragswerkstätten vs. freie Werkstätten
  • Markenwerkstätten profitierten von der zunehmenden Vernetzung der Autos: Die Fahrzeugdaten ermöglichen ihnen eine frühzeitige Ferndiagnose und Wartung, wodurch die Kundenbindung gesteigert werden kann.
  • Neufahrzeuge bzw. Fahrzeuge im Gewährleistungszeitraum werden fast vollständig in Vertragswerkstätten serviciert. Ein nennenswerter Marktanteil in freien Werkstätten wird ab einem Fahrzeugalter von 4 Jahren erzielt.
  • Ab einem Alter von über 10 Jahren werden weniger als 30 % der Aufträge in einer Markenwerkstatt durchgeführt, 60 % in freien Werkstätten.
• Größere Mehrmarkenwerkstätten dürften zukünftig einen Wettbewerbsvorteil haben, da sie meist besser gerüstet sind für die wachsende technische Komplexität der Fahrzeuge und eher über finanziellen Spielraum für Kundenbindungsprogramme oder Rabattaktionen verfügen.

Branchenfremde Konkurrenz

• Firmeneigenes Flotten- und Fuhrparkmanagement.
• Ausbau und Verfügbarkeit des öffentlichen Verkehrsnetzes aufgrund der verstärkten Ambitionen zur Reduktion von CO2 Emissionen sowie von Verkehrsstaus (Einführung und Ausbau „Kimaticket“).
• Carsharing/Auto-Abonnements reduzieren potenziell die Nachfrage bei freien Werkstätten.

Erfolgsfaktoren

• Effizientes Zielgruppenmarketing zur Frequenzsteigerung und Kundenbindung.
• Infrastruktur und Kompetenz in Hinblick auf Elektroautos durch E-Ladestellen und entsprechende Mitarbeiterschulungen.
• Internet und Social Media
  • Kundenbindung via Smartphone, z.B.: Push-Mitteilungen bei anstehenden Inspektionen, oder online Schadensmeldungen via Apps direkt an die Werkstätte. Gerade jüngere Generationen bevorzugen digitale Möglichkeiten der Kommunikation (Auto & Wirtschaft 10/2019).
  • Wegen komplex einzubauender Fahrzeugteile sollten neben online-Verkauf auch Serviceleistungen (Einbau im Fahrzeug) direkt auf der Website angeboten werden.
• Vermehrtes Angebot von Zusatzleistungen (z. B. Fahrzeugvermessungen, Liter Motoröl zum Mitnehmen, Kontrolle der Windschutzscheibe, etc.).

Lieferanten und Rohstoffe

• Werkstattausrüster und Ersatzteillieferanten (z. B.: Kastner, Birner, …)
• Teuerung bei Lackrohstoffen: Lieferengpässe und damit verbunden deutliche Preisanstiege bei zahlreichen zur Lackproduktion notwendigen Rohstoffen.
• Zunehmende Komplexität im Schmierstoffbereich
• Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs machen sich im Bereich der Autozulieferung durch hohe Energiepreise sowie angespannte Logistikketten und Rohstoffmärkte bemerkbar.
  • Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) verwies auf einen Rohstoffmangel von Palladium, das für Autokatalysatoren verwendet wird. Russland gehört dabei zu den Hauptlieferanten neben Südafrika.
  • Außerdem gibt es Lieferprobleme von Herstellern von Datenverarbeitungsgeräten und der elektronischen Autoausrüstung.
  • Der Verband der Automobilindustrie (VDA) rechnet langfristig mit einer Knappheit und einem Preisanstieg bei Rohmaterialien, wie Neongas, Palladium und Nickel. Einer der wichtigsten Neon-Lieferanten stellt die Ukraine dar.
  • Ein wichtiger Rohstoff für die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien ist Nickel. Russland ist unter anderem ein wichtiges Land für Nickelerz. Der Rohstoffmangel von Nickel schwächt damit die Verbreitung der Elektromobilität.
• Das Reifengeschäft bleibt relativ stabil. Es wurden Ersatzreifen für Pkw und Nutzfahrzeuge besonders stark nachgefragt.
• Chinas Autoproduktion hat angezogen. Die Entwicklung in Asien wurde allerdings gleich wieder von den neuen harten Pandemie-Einschränkungen ausgebremst. Dies schwächt inzwischen auch den gesamten Welthandel (asp.de, 11.05.2022).

Digitale Werkstatt/Werkstatt 4.0

• Zunehmende Vernetzung der Softwaresysteme, Werkstattausrüstung und Fahrzeugdaten.
• Datenaustausch zwischen Fahrzeug, Werkstatt, Hersteller und Kunden in Echtzeit:
  • Der technische Zustand des Kundenfahrzeugs kann damit laufend verfolgt werden.
  • Reparaturen können frühzeitig und rechtzeitig empfohlen werden, die damit einhergehende Ausfall-Reduzierung ist speziell für gewerblich genutzte Fahrzeuge vorteilhaft.
  • Werkstätten erhalten mehr Planungssicherheit in der Auslastung, da sie schon vorab wissen, wann ein Auto kommt und welche Ersatz-oder Verschleißteile benötigt werden.
  • Das Fahrzeug ist dadurch vergleichsweise kurz in der Werkstatt und schneller wieder im Einsatz; die geringeren Standzeiten senken die Kosten für den Besitzer bzw. den Fuhrparkbetreiber.
• Software und Augmented Reality (automatische Fahrzeugidentifikation, Zugriff auf frühere Prüfergebnisse, Ergebnisprotokoll mit Bildern, Digitale Integration von Werkstattprozessen zur Erhöhung der Effizienz). Dabei arbeiten Kfz-Mechatroniker*innen mit via Datenbrille oder Tablet-Bildschirm eingeblendeten Zusatzinformationen.
• ADAS: Advanced Driver Assistance Systems
  • Vor allem freie Werkstätten benötigen besondere Kalibrierungssysteme, die Markenwerkstätten oft haben.
  • Entweder teure Neuanschaffung als Investition in die Zukunft oder Kooperation mit Markenwerkstatt.
• 3D-Druck Verfahren werden auch in der Auto-Branche etabliert z.B.: gedruckte Ersatzteile aus Metall.
• Video-Begutachtung, bei der Werkstattmeister*in und Sachverständige über Headset und Video verbunden sind, Live-Videos vom Fahrzeug gemacht werden, aus denen der Sachverständige für das Gutachten notwendige Fotos extrahiert. Diese beschleunigen und vereinfachen Prozesse.
• Mit Online-Fernwartungstools können elektrische Fahrzeugsysteme programmiert und kodiert werden. Sollten komplexe Fehler der Elektronik diagnostiziert werden, können ausgelagerte Teams mithilfe eines Diagnosegeräts freie Werkstätten bei der Fehlersuche unterstützen (Auto & Wirtschaft 05/2022).
• Full-Service-Lösungen in vielen Bereichen der Werkstatt beschleunigen Abläufe und vermeiden Fehler.
• Zusammenführung verschiedener Prozesse und Apps, z.B. bei Terminvereinbarungen mit Kunden, Kostenvoranschlag, Bestellung der Ersatzteile oder Fahrzeugannahme.
• Werkstätten als Abo Modell
• Ferndiagnosen, Smart Alerts, etc. Jedoch kaum zugänglicher Markt für freie Werkstätten, da dies eher von den Autoherstellern selbst beansprucht wird, z.B. Tesla.
• In Zukunft ist vermehrt mit Systemen der Eigendiagnose in Fahrzeugen zu rechnen, diese Systeme stehen in weiterer Folge in Kontakt mit Werkstätten.