Optimismus im Bauwesen, aber Abschwächung der Dynamik
- Aufschwung der Baustoffindustrie 2021
- Wachstum der Bauwirtschaft auch für 2022 prognostiziert
- Probleme durch Mangel an Material und Arbeitskräften
Markttrends
- Steigende Nachfrage nach Fertigbeton im Wohnbau
- Wachsender Markt für Transportbeton
- Einsatz von Beton als Energiespeicher
Globaler Wettbewerb
- Verschärfung der Lieferengpässe
- Kostendruck durch Umweltauflagen und steigende Energiekosten
- Erhebliche Preissteigerungen bei Baustoffen
Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit
- CO2-Reduktion gewinnt weiter an Relevanz
- EU Taxonomie forciert ökologisch nachhaltige Investitionen
- Recycling und Wiederverwertung von Beton im Fokus
Branchendefinition: Diese Branche umfasst die Gruppe 23.6 der ÖNACE 2008 (Herstellung von Erzeugnissen aus Beton, Zement und Gips) und damit die Herstellung von
- Erzeugnisse aus Beton, Zement und Kalksandstein für den Bau (hauptsächlich Betonfertigteile); diese stellen rd. 53 % der Unternehmen der Branche dar.
- Gipserzeugnisse für den Bau (hauptsächlich Gipsbauplatten und Gipsdielen für den Innenausbau)
- Frischbeton/Transportbeton (rd. ein Drittel der Branche)
- Mörtel und anderer Beton (einschließlich Edelputz)
- Faserzementwaren (Eternitwaren etc.)
- Sonstige Erzeugnisse aus Beton/Zement (z. B. Blumentöpfe, Gipsornamente, etc.)
Betriebstypen: Betriebe der gewerblichen und industriellen Betonwarenerzeugung sowie Zementindustrie.
Im Jahr 2020 boten die 340 Hersteller von Beton-, Zement- und Gipserzeugnissen mehr als 11.600 Personen einen Arbeitsplatz, wovon rund 11.500 unselbstständig beschäftigt waren. Die durchschnittliche Unternehmensgröße lag damit bei etwa 34 Mitarbeiter*innen je Unternehmen. Die Betriebe erwirtschafteten insgesamt Umsatzerlöse in der Höhe von rd. € 3,18 Mrd.
Betriebswirtschaftliche Situation der Großunternehmen
Betriebswirtschaftliche Situation der Großunternehmen
Trends
- Aufschwung in der Baustoffindustrie 2021
- 2021 erwirtschaftete die Baustoffindustrie einen Umsatz von € 4,12 Mrd, das entspricht einer Steigerung von +14,7 % im Vergleich zum Vorjahr.
- Vor allem die Teilbranchen im Bereich Wohnbau, wie z.B. die Ziegelindustrie, die Transportbetonindustrie oder die Beton- und Fertigteilindustrie, konnten von einer steigenden Nachfrage in Zusammenhang mit dem privaten Hausbau profitieren.
- Lediglich die Feinkeramik-Industrie musste 2021 im Vergleich zum Vorjahr leichte Rückgänge hinnehmen. (Steinpresse, 1. Quartal 2022)
- Optimismus im Bauwesen für 2022, aber Abschwächung der Dynamik
- Der pandemiebedingte Einbruch im Bauwesen konnte bereits 2021 fast vollständig kompensiert werden. Auch für 2022 überwiegt der Optimismus. (WIFO Prognose 03/2022)
- Die Beurteilung der Geschäftslage durch das österreichische Baugewerbe fällt im I. Quartal 2022 positiv aus, 31 % der Betriebe beurteilen die Geschäftslage gut und 62 % als saisonüblich. Für das II. Quartal 2022 überwiegen die optimistischen Auftragserwartungen. (KMU Forschung Austria, 04/2022)
- Auch die österreichische Beton- und Fertigteilindustrie blickt mit vorsichtigem Optimismus auf das 1. Halbjahr 2022: 67 % erwarten gleichbleibende und 22 % steigende Umsätze. (VÖB, 2022)
- Insgesamt wird prognostiziert, dass die Wertschöpfung in der Bauwirtschaft 2022 um 2 % steigt und 2023 weiterhin abgeschwächt wächst. (WIFO Prognose 03/2022)
- Rückgang an Baubewilligungen 2021
- 2021 wurden etwa 72.400 Wohnungen (ohne Wiener An-, Auf-, Umbautätigkeiten) zum Bau zugelassen; das sind um 6 % bzw. 4.700 weniger erteilte Baubewilligungen als im Vorjahr (77.100).
- Die Entwicklung der Baubewilligungen ist vom großvolumigen Wohnbau (d.s. Wohngebäude mit drei oder mehr Wohnungen) geprägt, knapp die Hälfte der Bewilligungen entfällt auf diese Wohnform.
- Im Vergleich zum Vorjahr sind jedoch die Baubewilligungen für neue Häuser mit ein oder zwei Wohnungen gestiegen, während deren Anzahl im großvolumigen Wohnbau zurückgegangen ist. (Statistik Austria)
- Probleme durch Mangel an Material und Arbeitskräften
- Probleme bereiten steigende Beschaffungskosten. Die Branche hat mit steigenden Energiekosten, eingeschränkten Verfügbarkeiten und unsicheren Lieferfristen bei wesentlichen Baumaterialien zu kämpfen. Diese führen zu deutlichen Preisanstiegen.
- 78 % der Betriebe im österreichischen Baugewerbe sehen sich im laufenden Jahr 2022 in ihrer Geschäftstätigkeit durch Preissteigerungen bei Rohstoffen und Materialien und 54 % bei Energie, beeinträchtigt (KMU Forschung Austria, 04/2022)
- Auch im Rahmen des WIFO-Konjunkturtests im April 2022 führen jeweils rd. vier Zehntel der österreichischen Bauunternehmen Material- und Arbeitskräftemängel als Produktionshemmnisse an. (WIFO-Konjunkturtest, 04/2022).
- Bei den österreichischen Beton- und Fertigteilwerken (VÖB) rechnen 97 % mit Teuerungen entlang der ganzen Lieferkette, knapp 70 % gehen gleichzeitig von einer Verlangsamung der Produktionszeiten als Folge des Rohstoffmangels aus.
- Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit:
- Wiederverwertung von Baumaterial gewinnt auf Grund der Recycling-Baustoffverordnung, im Rahmen des EU-Kreislaufwirtschaftspakets und als Ziel im österreichischen Regierungsprogramm 2020-2024 weiter an Bedeutung.
- Mit dem Jahr 2021 ist die Niedrigst-Energiebauweise für Neubauten und Sanierungen zum Standard geworden.
- Bundesweite Sanierungsoffensive
- Für die Förderungsaktion "Raus aus Öl und Gas" und die Sanierungsoffensive 2021/2022 (thermische Gebäudesanierung) stehen für Privatkunden und Betriebe insgesamt € 650 Mio zur Verfügung.
- Die Sanierungsrate von rd. 1,5 % 2021 soll bis 2025 auf 2,5 % angehoben werden. (WKO, 2021)
- CO2-Reduktion: Verringerung der CO2-Bilanz bei der Herstellung von Beton und Zement gewinnt immer mehr an Relevanz
- Die EU-Taxonomie ist ein Instrument zur Lenkung von Investitionen hin zu ökologisch nachhaltigen Tätigkeiten. Eine Immobilie gilt als taxonomiekonform, wenn sie mit ihrem Primärenergiebedarf unter den besten 15 % des Gebäudebestands liegt. Die Finanzierungsfähigkeit von Immobilienprojekten hängt zukünftig verstärkt von deren Nachhaltigkeit ab. Die Vorgaben der EU-Taxonomieverordnung werden daher die Branche langfristig deutlich beeinflussen.
Kundenverhalten
- Wachstumsimpulse für Transportbeton 2021
- Der Markt für Transportbeton wuchs im Jahr 2021 um +3,1 % im Vergleich zum Vorjahr auf 10,65 Mio Kubikmeter. Zuwächse sind - nach einem rückläufigen Trend 2020 - insbesondere im Nicht-Wohnbau zu beobachten. (branchenradar.com 11/2021)
- Steigende Nachfrage nach Fertigbeton im Wohnbau.
- Optimistische Erwartungen für die zukünftige Entwicklung von Betonfertigteilen: Steigende Marktanteile im Vergleich zu anderen Baustoffen und Bauweisen erwartet (VÖB, 2022)
- Im Jahr 2021 stieg die Nachfrage für Fertigbetonwände und -decken um +1,7 % gegenüber dem Vorjahr auf 7,46 Mio m2. Zuwächse zeigen sich ausschließlich im Geschosswohnbau. (branchenradar.com 05/2022)
- Die Nachfrage für freistehende Ein- und Zweifamilien-Fertigteilhäuser erhöhte sich im Jahr 2021 um +19,2 %. Die positive Entwicklung zeigt sich auch in einer auf 20,4 % steigenden Fertighausquote. (branchenradar.com 03/2022)
- Aufgrund des Trends zur Fertigteilbauweise wird auch in Zukunft der Bedarf an Betonfertigteilen im Hochbau steigen.
- Trend zu Neubau und Erneuerung von Haus und Garten, wie auch der steigende Bedarf nach Betonsteinpflaster zeigt:
- Der Markt für Betonsteinpflaster wuchs 2021 um +0,7 % im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt wurden 4,6 Mio m2 verkauft. Zuwächse sind vor allem beim Neubau, insbesondere im öffentlichen Raum zu beobachten. (branchenradar.com 05/2022)
- Durch verstärkte Bemühungen zur Erhöhung der Energieeffizienz von Gebäuden steigt auch die Nachfrage nach Beton, der als Energiespeicher fungieren kann. Betonaktivierung entwickelt sich aufgrund seiner Vorteile beim Heizen und Kühlen zu einem Zukunftsprodukt.
- Beton kommt zur Bewältigung von städtischen Hitzeinseln verstärkt zum Einsatz, z. B. als Grundfläche für Fassadenbegrünungen, Betonbeläge mit hellen Oberflächen oder als Betonrinnen für wassergeführte Kühlzonen.
- Straßennetz
- Ständig zunehmender Warentransport benötigt ein hochrangiges Straßennetz und Asphalte.
- Die Realisierung von Großprojekten im Straßenbau wird jedoch im Sinne des Klimaschutzes immer schwieriger.
Mitbewerb
Brancheninterner Wettbewerb
- Die Zementindustrie in Österreich setzt sich aus 8 Unternehmen zusammen, die Werke an 12 Standorten betreiben. Der Großteil sind mittlere Unternehmen, die mehrheitlich eine österreichische Eigentümerstruktur aufweisen. (www.zement.at)
- In Österreich gibt es rund 250 Transportbetonwerke, in denen jährlich über 10 Mio m3 Transportbeton produziert werden. Die Unternehmensstrukturen reichen von kleinen Familienbetrieben mit einem einzelnen Mischwerk bis hin zu Konzernen mit weltweit hunderten Produktionsstätten. (www.gvtb.at)
- Eine hohe Investitionsintensität, die restriktive Vergabe von Abbaugenehmigungen sowie moderate Wachstumsaussichten sind ausschlaggebend für die geringe Zahl an Unternehmensneugründungen in der Branche.
Globaler Wettbewerb
- Die weltweite Produktion von Zement belief sich 2021 auf geschätzte 4,4 Mrd. Tonnen. Mehr als drei Viertel der weltweiten Zementproduktion erfolgt in Asien, davon hält China einen Produktionsanteil von 56 % (Statista); nur je ca. 5 % des weltweiten Zements werden in Europa, Afrika und Amerika produziert.
- Verschärfung der Lieferengpässe durch den Ukraine-Krieg und die Omikron-Welle in China. Es kommt daher zu Ausfällen beim Rohstoffeinkauf auf den internationalen Märkten.
- Regionale Versorgung mit mineralischen Baustoffen gewinnt daher weiter an Bedeutung.
- Reduzierung des CO2 bei der Zementherstellung als große Herausforderung im internationalen Wettbewerb.
- Die Zementproduktion in Österreich erfolgt mit 0,54 Tonnen CO2 pro Tonne im internationalen Vergleich CO2-effizient. Trotzdem wird aufgrund der EU-weiten Klimaziele der Beitrag der Zementindustrie zur Klimaneutralität eine Herausforderung bleiben.
Die Fremdleistungen in der Herstellung von Erzeugnissen aus Beton, Zement und Gips betrugen 2019/20 durchschnittlich 11,2 % der Betriebsleistung. Dieser relativ hohe Anteil zeigt, dass die Zusammenarbeit mit Sub-Auftragnehmern in dieser Branche eine bedeutende Rolle spielt. Im Vergleich zu 2010/11 hat sich der Fremdleistungsanteil um 3,1 %-Punkte erhöht. (Quelle: KMU Forschung Austria, Bilanzdatenbank)
Technologische Entwicklungen
- Digitalisierung im Baustoffbereich nimmt zu.
- Die größten Potenziale der Digitalisierung liegen bei Planungs-, Produktions- und allgemeinen Geschäftsprozessen sowie im Datenaustausch mit Auftraggebern.
- In der Produktion wird deutlich, je mehr intelligente Systeme genutzt werden, umso besser und kontinuierlicher ist die Qualität der Baustoffe.
- Entwicklung eines neuen digitalen Präzisionsmessgeräts mit einer 2,5D- Laser-/Beamerprojektion und digitalen Visualisierungsmöglichkeiten für die Herstellung von Betonfertigteilen
- 3D-Betondruck: Herstellung individueller, komplexer Einzelbauteile in freier Formbarkeit, kostensparend aufgrund nicht benötigter Schalung.
- Neue Möglichkeiten der Betongestaltung durch neue digitale Bedruckbarkeit von Beton mit UV-härtender, anorganischer Tinte.
- Laufende Produktoptimierungen und -weiterentwicklungen:
- Selbstheilender Beton, der kleine Risse mit Hilfe von Mikroorganismen wieder selbst schließt.
- Carbonbeton: Kombination von Carbonfasern mit Beton zeichnet sich durch Korrosionsbeständigkeit, geringere Dichte und höhere Tragfähigkeit aus
- Holzbeton: Baustoff aus Holzspänen und Zement, zeichnet sich durch seine Brandbeständigkeit, Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit aus
- Hydroaktive Pflastersteine und –platten zur Bodenentsiegelung in urbanen Räumen
- Erforschung von mikrofaserverstärktem Beton (z.B. aus Einweg-Masken): Dieser zeigt höhere Festigkeit und könnte so die Menge an Zement reduzieren und die Haltbarkeit der Bauwerke verlängern.
Forschung und Entwicklung
- Entwicklungen und Erforschung von CO2 effizientem Zement und Beton.
- Für die Zukunft maßgeblich: Karbonatisierung von Beton und Kalk: Durch die natürliche Karbonatisierung von Kalk werden durchschnittlich 33 % der während der Produktion freigesetzten, prozessbedingten CO2-Emissionen wiederaufgenommen.
- Entwicklung neuer ökologischer Herstellungsverfahren mit einem immer geringeren CO2-Ausstoß
- „Carbon-to-Product“: Nutzung des aus der Zementherstellung abgeschiedenen CO2 als Rohstoff für die Erzeugung neuer Produkte. Zukunftspotenzial im Bereich des zirkularen Carbon-Managements
- Neue Produktentwicklungen wie zementfreier Beton, klimapositive Ziegel oder eines klimafitten Zements, der nur noch 50 % Klinkeranteil haben wird. Neue Zumahlstoffe werden für die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks des Zements künftig eine zentrale Rolle spielen.
- Nutzung von Beton als Wärmespeicher, um Sonnenenergie als ergänzende Heizquelle einzusetzen.
- Recycling und Verwertungsorientierung gewinnen an Relevanz, wie z. B. die Wiederverwertung von Bauteilen, sortenreine Materialtrennung etc.
- Recyclingbeton: Beton kann nach dem Abbruch und der Aufbereitung zu 100 % wiederverwendet werden. Recyclingbeton kann somit einen wichtigen Anteil am ressourcenschonenden Materialkreislauf in der Bauwirtschaft einnehmen.
- Laufende Produktentwicklungen, wie z.B. ein Trockenbeton aus 100 % recycelter Körnung
- Internationale Forschungsplattform „ReConstruct“ für eine klimaneutrale Zukunft des Bauens.